Heute kommt zur Abwechslung mal ein kurzes Thema. Ich will dir zeigen, wie unser Gehirn den Körper wahrnimmt und steuert. Was meinst du, wie das vor sich geht? Kriegt das Gehirn einfach alle Informationen von allen Zellen im Körper und weiß über alles Bescheid? Das wäre doch das Einfachste, oder? Unser Körper ist einfach, aber auf eine andere Weise.
Wir stammen von den „Einzellern“ ab, die vor hunderten Millionen von Jahren in der Ursuppe der Welt herumschwammen und wir haben ein Prinzip beibehalten. Unsere Körperzellen (insg. 75 Billionen) arbeiten zunächst für sich alleine, sie halten ihre Balance an den Außenhäuten (Membranen), in dem sie ein genau ausgeklügeltes Spannungsniveau von elektrisch geladenen Teilchen aufrecht erhalten (sogenanntes Aktionspotential). Dafür gibt es eigene Pumpen, die z.B. das Kochsalz aus der Zelle und das Kalium in die Zelle katapultieren.
Diese Zellen im Verbund bilden irgendwann ein Organ, darin sprechen sie auf eine ganz ausgeklügelte Weise miteinander, u.a. mit Botenstoffen. Die Organe sind auf ihre Art auch selbstständig unterwegs, sie haben das Prinzip des Einzellers weiterentwickelt 😉 Die Niere filtert den Urin auch ohne Ansage vom Gehirn-Chef heraus, die Filterleistung wird jedoch von einem Hormon aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) mit in die richtigen Bahnen gelenkt. Noch spannender ist unser Herz. Es ist ein autarkes System mit einem eigenen elektromagnetischen Feld, wo sogar unser Gehirn dagegen abstinken kann, mit seinen kleinen Wellen im Oberstübchen… Das Herz hat seinen eigenen Schrittmacher, es schlägt von und für sich und für sein Leben gerne, ca. 3 Milliarden Mal, unaufhörlich und tapfer 😉 Wenn unser vegetatives Nervensystem (siehe Beitrag) „möchte“, dass unser Herz schneller schlägt, dann wird der Sympatikus aktiviert, soll sich unser Herz beruhigen, dann bringt der Nervus Vagus, die „parasympatischen Nervenfasern“, unser Herz zur Ruhe. Es ist also wie bei einem Reiter und seinem Pferd. Das Pferd (unser Herz) rennt von alleine, der Reiter (das Gehirn) gibt dem Pferd nur hier und da Anweisungen, was es zu tun hat.
Jetzt kommen wir mal zum ganzen Körper und ich habe dir versprochen, ein kurzes Thema daraus zu machen. Obwohl es soooo viele Wunder zu bestaunen gibt 😉
Also, kommen wir zur Frage zurück, wie unser Gehirn den Körper steuert. Wichtig: Das Gehirn kann gar nicht einfach „abbilden“, was in unserem Körper vor sich geht, von der Großzehe bis zu den Ohren, denn auf diese Weise wäre unser Gehirn schnell überfordert. Es ist, wie ein Pferdezüchter, der jedem einzelnen Pferd seiner Herde jeden einzelnen Schritt und die Bewegung der Gelenke vorgeben müsste, einfach unmöglich…
Wie funktioniert es dann?? Schau dir das Video mal an. Es ist ein Experiment, das „Rubber-Hand-Illusion“ genannt wird. Den Probanden wird eine Gummihand vorgelegt, die ihrer eigenen Hand ähnlich sieht…
Puh, das war knapp!!! Dieses Experiment wurde vielfach wiederholt und abgeändert. Fakt bleibt, dass unser Gehirn die Gummihand als sein eigenes Körperteil anzunehmen scheint und dass wir darin sogar Schmerzen empfinden können. Das können wir uns nur auf eine Art erklären.
Mein Fazit:
Unser Gehirn bildet kein „Abbild“ des echten Körpers. Es ist nicht sein Job, über alles Bescheid zu wissen. Unser Gehirn steuert und kontrolliert den Körper, da wo es gerade sein Augenmerk darauf legt. Es hat wie der Pferdezüchter eine Ahnung, was in seinem Körper vorgeht, es konstruiert ein Gesamtbild. Unser Bild vom Körper basiert nicht auf reinem Faktenwissen, das Gehirn ist keine Kamera, die alles im Körper 100% korrekt aufnimmt. Das Körperbild basiert auf Einschätzungen, Vorerfahrungen und Vorhersagen, die wir bisher in unserem Leben gemacht haben. Das kann man auch übertrieben eine „Körperhalluzination“ nennen. So haben wir eine GENIALE Lösung, wie Körper und Gehirn miteinander blitzschnell Entscheidungen treffen können, auch wenn ich einmal zu viel die Hand weg gezogen habe, sicher ist sicher und unser Überleben geht vor!!
Siehe auch:
Vortrag von Anil Seth über unser Bewusstsein und Halluzinationen.