Wie unser Gehirn funktioniert

Ich empfehle dir, zuerst den Beitrag über die Entwicklung des Gehirnes zu lesen, damit wir hier gut durchstarten können. Du tust ja sowieso, was du willst 😉

Unser Gehirn wiegt 1,5kg und liegt im dunklen Inneren unseres Schädels versteckt und ist die Hardware unseres Denkens!

Neurone, Synapsen & Co sind die Verkehrswege, auf denen unsere Gedanken unterwegs sind. Die Signalübertragung entlang der Nervenzellen erfolgt elektrisch, umso dicker die Bahnen isoliert sind, je schneller ist die Verbindung. Es gibt Verkehrsteilnehmer, unsere Gedanken (Botenstoffe oder schlau Neurotransmitter) und es gibt Verkehrsleitsysteme (schlau Neuromodulatoren), die unsere Gedanken lenken. Die Nervenzellen quatschen untereinander, indem sie Botenstoffe in die Zwischenräume (Synapsen) ausspucken und entweder die darauffolgende Zelle aktivieren oder sie hemmen. Die verkehrsleitenden Neuromodulatoren (wie z.B. Dopamin und Serotonin) helfen den “wichtigen” Nervenbahnen sich auszubauen und noch schneller zu werden, die “unwichtigen” werden gekappt! Das nennt man Neuroplastizität, also die Veränderbarkeit des Gehirnes!!

Gehirn – Netzwerke…

In unserem Gehirn gibt es wichtige Netzwerke, an sogenannten Knotenpunkten (“Hubs”) kommen die Informationen für verschiedene Aufgaben zusammen. Das hilft uns, ständig Vorhersagen zu treffen, um möglichst schnell reagieren zu können und unser Überleben zu sichern.  Unser Gehirn ist ein überlebenswichtiges Vorhersageorgan!!

Die drei wichtigsten Netzwerke

Unser Gehirn arbeitet mit drei Haupt-Netzwerken. Schaue dir mal kurz beim denken zu, du versuchst diesen Text mit seinen Bandwurmsätzen (Sorry 😉 und Klammern zu entziffern. Damit ist aktuell dein Arbeits-Netzwerk (Control-Executive-Network) aktiv. Nebenbei läuft das Aufpasser-Netzwerk (Salience-Network), welches immer wieder abfragt, ob das was ich dir gerade erzähle für dich irgendwie wichtig ist. Wenn du jetzt denkst, was dies für ein langweiliger Mist ist und du lieber über was anderes grübeln möchtest, dann hat sich dein Tagträumer-Netzwerk (Default-Mode-Network) eingeschaltet, du träumst ein bisschen vor dich hin und lässt dir ein paar Dinge durch den Kopf gehen und dafür ziehst du dir 20% deiner Energie ab! Aber wozu, warum braucht es diese Tagträumerei? Sie hat eine überlebenswichtige Funktion: Sie ist ein Erfahrungssimulator und hilft dem Gehirn ein Vorhersageorgan zu sein (Siehe Beitrag über die Entwicklung des Gehirnes).

Drei Netzwerke, eine Wippe…     

Stelle dir die Zusammenarbeit der Netzwerke als eine Wippe auf einem Spielplatz vor. Auf der einen Seite sitzt das Tagträumer-Netzwerk, auf der anderen Seite das Arbeits-Netzwerk und das Schwenkteil ist dein Aufpasser-Netzwerk. 

Das Aufpassernetzwerk („Salience-Network“) steuert die Tagträumerei („Default-Mode-Network“) und die konzentrierte Arbeit („Central executive Network“). Du kannst also entweder Löcher in die Wand starren oder konzentriert arbeiten.

Du hättest es gerne auf schlau, dann bitte schön…

https://en.wikipedia.org/wiki/Frontoparietal_network

Also, entweder chillen oder arbeiten, beides gemeinsam wird schwierig 😉

Dysbalance – Depression…   

Wenn das Tagträumer-Netzwerk Überhand gewinnt sind wir mit ständigen negativen inneren Monlogen beschäftigt (sogenannte Ruminationen und intrusive Gedanken), das Leben besteht nicht mehr aus Höhen und Tiefen und alles fühlt sich gleichtönig und bleiern an, wir sind vielleicht auf dem Weg in eine Depression. Blöd ist, dass wir in dieser Stimmung unsere Sozialkontakte, unsere Hobbies und gelegentlich die Arbeit schleifen lassen, ein Teufelskreis nimmt seinen Lauf :/

Was führt zu dieser Dysbalance, warum werden wir depressiv? Es ist eine Mischung aus Lebensereignissen, der Qualität des sozialen Netzwerkes und der Veranlagung (die Gene), die wir mitgebracht haben…

Dysbalance – Psychose….

Wenn wir z.B. durch Drogenkonsum uns von Bill Gates verfolgt fühlen und überall Verrat wittern oder wir aus Sorge vor elektromagnetischer Strahlung uns verbarrikadieren, kann das durch eine Dysbalance mit überbordendem und überkritischem Aufpasser- und Arbeits-Netzwerk sein. Schnell professionelle Hilfe suchen und aufgepasst, die Betroffenen sehen darin oft keine Dysbalance…

Dysbalance – ADHS…

Bei dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS) oder frei nach Tim Ferris, dem Abenteuerdefizitsyndrom können wir schön beobachten, wie das Zusammenspiel der Systeme beeinträchtigt ist. Entweder wir träumen in der Gegend umher oder wir zeigen einen Laserstrahlfokus auf unsere Computerspiele. Eine ausgewogene Balance zwischen Träumen und konzentriertem Arbeiten kostet viel Anstrengung. Auch hier gilt, sobald die Lebensqualität leidet sich Hilfe zu suchen.

Du magst es nochmal auf schlau? Dann schau dir den Artikel aus der Fachzeitschrift Nature an, sehr spannend!

Wie funktioniert Hypnose???

Wenn ich dich hypnotisieren möchte, verwende ich zu Beginn einen einfachen Trick, um die “Trance zu induzieren”. Ich muss einfach z.B. mit einem verwirrenden Satz, einer kleinen Showeinlage oder mit einem extravaganten Dress dein Aufpasser-Netzwerk ablenken (Wolke). Dein Aufpasser ist mit der Verarbeitung dieser Reize beschäftigt und du wirst empfänglicher für eine Beeinflussung. Die “Wippe liegt auf dem Boden ” und bei einer gelingenden Hypnose bist du gleichzeitig tiefenentspannt (aktives Tagträumer-Netzwerk) und fokussiert (Arbeitsnetzwerk am Werk), ein super Gefühl 🙂

Medizinische Hypnose ist eine effektive Technik und keine Zauberei 😉 Es ist ein phänomenales Gefühl, aber bitte niemals Bühnenhypnose mit klinischer Hypnose durch Spezialisten verwechseln! Kurzer Tipp am Rande, der führende Neurowissenschaftler im Bereich der Hypnoseforschung David Spiegel bietet eine coole Selbsthypnose-App namens Reveri an, sehr zu empfehlen!

Balance – Back?

Wie bekommen wir die Systeme wieder in Balance?

Dein Tagträumer-Netzwerk liebt Musik und die Unterhaltung und den Austausch mit Gleichgesinnten. Du kannst dich (u.a. über Musik) mit Ihnen „synchronisieren“ und wenn sie dir wohl gesonnen sind, helfen sie dir deine Gedanken zu ordnen. Barkeeper, Taxifahrer und jene Menschen die das „echte“ Zuhören praktizieren, helfen dir dabei. Bebrüte deine Gedanken nicht alleine, pass auf dass sie nicht anfangen, wie eine Katze ihren Schwanz zu jagen. Lenke dich ab, mache einen Spaziergang und tue das, was dir früher schon gut getan hat. Bei einer „echten“ Depression holst du dir professionelle Hilfe, sie hat eine gute Prognose, wenn du eine Allianz bilden lernst und dein Tagträumer-Netzwerk sich beruhigt 😉

Das Arbeits-Netzwerk liebt konzentriertes Eintauchen in spannende Beschäftigung – wir lernen, was uns unter die Haut geht – Suche dir inspirierende und begeisternde Lehrmeister und Mentoren 😉 Ungesund für das Arbeitsnetzwerk sind zu lange Sessions (je nach Konzentrationstraining maximal 60-90 Minuten), bzw. ständig aus der Arbeit herausgerissen zu werden und Aufgaben nicht abschließen zu können. Multitasking ist Zeitverschwendung, das ist wissenschaftlich bewiesen!

Das Aufpasser-Netzwerk braucht auch mal eine Pause. Ständiges auf dem Handy spielen, dauerhaftes Ablenken ist nicht zuträglich. Was hilft also? Begeisterung und Langeweile, beides ist Dünger für dein Gehirn 🙂 Pass mit Drogen auf, sehe zu, dass du ausreichend erholsamen Schlaf bekommst, um wieder aufzutanken!!!

Was hilft, alle Netzwerke in Einklang zu bringen und Chaos vorzubeugen: Meditieren! Tatsächlich, viele Studien haben es nach gewiesen. Wenn dir nicht nach fernöstlicher Tradition ist, empfehle ich dir die Meditations-App von Sam Harris, einem amerikanischem Wissenschaftler, sie heißt „Waking Up“ und sie hat selbst mich Meditationsmuffel zu täglich 10 Minuten Mental-Training überzeugt. Der Aufwand zahlt sich mehrfach zurück, das garantiere ich dir!

Und Achtung, jetzt kommt noch ein kleiner Tipp am Rande:

Omega-3-Fettsäuren helfen Seefischen in eisigen Gewässern “nicht zu erfrieren” und den Nervenzellen in deinem Kopf geschmeidig zu bleiben. Leider werden die Produkte viel zu niedrig dosiert angeboten, in Studien konnte ein guter „stimmungsstabilisierender“ Effekt bei einer Dosis ab 1000mg EPA-Anteil täglich bei Erwachsenen nachgewiesen werden. Wer Sorge vor der Schwermetallbelastung der Fischprodukte hat, kann auf pflanzliche Produkte umsteigen (Achtung Geschmack nach Algen ;).

Also, bleib immer schön balanciert oder finde wieder zurück zur Balance, so hast du nachhaltigen Spaß am Leben (Achtung „Rat-Schlag“ Alarm!)…

Dein Felix

Siehe auch (jetzt gehts ans Eingemachte ;):

Apps:

Die Reveri-Selbsthypnose-App

Die Waking-Up-App von Sam Harris zur angeleiteten täglichen Meditation

Talks:

Ted-Talk – Vortrag von Lisa Feldman Barrett zum Thema Emotionen

Ted-Talk – Vortrag von Sam Harris zum Thema Wissenschaft

Bücher:

Buch von Lisa Feldman Barrett – How Emotions are Made

Buch von Gerhard Roth – „Wie das Gehirn die Seele macht“

Podcasts:

Hubermanlab zum Thema, wie das Gehirn funktioniert

Hubermanlab Interview mit Dr. David Spiegel zum Thema Hypnose und Netzwerke im Gehirn

Studien:

Studie zum Thema Netzwerke im Gehirn im Cell-Magazin

Studie als Übersicht zum Default-Mode-Network von Raichle und Kollegen

Studie zum Thema Körper-Budget und Allostase aus dem Nature-Magazin

Studie zum Thema Dissoziation in einer spezifischen Gehirnregion von Carl Deisseroth

Studie über die Entscheidungsfähigkeit von Richtern vor dem Mittagessen

Studie zum Thema Gehirnnetzwerke und Einfluss von Meditation

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