Von Beziehungen, Free-Ridern und George Clooney

Ok, lets go! Stell dich mir gegenüber hin! Wir legen gleich los und haben keine Zeit zu verlieren 🙂 Wir wählen einen angenehmen gedanklichen Abstand, vielleicht einen halben Meter? Das ist zu nah?? Ok, dann einen Meter? Oh Nein, mein Mundgeruch reicht so weit? Dann gehen wir eben auf zwei Meter Abstand. Merkst du was? Da ist etwas zwischen uns, dass sich irgendwie „verdichtet“, wenn wir uns auf die Pelle rücken und dass sich ab einem gewissen Abstand irgendwie komisch anfühlt. Ist das nicht schräg? Da ist doch eigentlich nur Luft? Aber was ist denn ein Konzert mit deiner Lieblings-Band? Physikalisch gesprochen viele Menschen, Schwingungen, die wir hören können und ganz viel heiße Luft. Gut dass wir keine Physiker sind 😉

Lass uns das Beziehung nennen, was da zwischen uns ist, also das WIR!

Wir kennen uns ja noch gar nicht so gut, vielleicht langweilen dich meine Selbstgespräche in diesem Blog ja und du bist nicht so motiviert mich kennen zu lernen, dann würde der „Wir-Kreis“ so aussehen…

Wir sind eher reserviert zu einander und reden Small-Talk. Ich habe dir auch bisher die Beziehungs-Zwiebel vorenthalten.

Der äußere Ring sind unsere Bekanntschaften. Das sind Leute, die wir kennen und grüßen. Es sind oberflächliche Beziehungen, unsere Schul-/Arbeitskollegen und Nachbarn. Dann kommen die Freunde, also deine Geburtstagsgäste und Menschen, mit denen du gerne deine Lebenszeit verbringst. Eigentlich müssten die Farben fließend ineinander übergehen, denn es gibt natürlich auch noch die besten Freunde, die du meistens an einer Hand abzählen kannst. Wer hilft dir beim Umzug, wer ist für dich da, wenn du auch mal nicht in Partylaune bist? Und dann kommen deine Seelenverwandten, deine Liebes-Partner. Du würdest am liebsten nur noch deine Zeit mit dieser Person verbringen und bist total verliebt 😉

Also gut, wagen wir uns in den Zwischenraum der menschlichen Beziehungen, dem Mekka der Hollywood-Drehbuchautoren. Wir lieben doch Beziehungs-Dramen, so lange sie nicht unsere eigenen sind. Wieviele Tränen ich schon vor der Glotze vergossen habe, darfst du bloß keinem weiter erzählen 😉 Wenn beide Menschen sich als „Bekannte“ sehen, dann befinden sie sich auf dem äußersten Ring der Beziehungs-Zwiebel:

Wenn wir eine gemeinsame Freundschaft schließen, dann rücken wir uns näher:

Und wenn wir uns verlieben, dann wird es herzig 😉

*Anmerkung des Grafikers: Das Rote Ding in der MItte ist ein Herz und kein Hasen-Gesicht!* 😉

Jetzt kommt die Frage aller Fragen: Wie finde ich den Partner meines Lebens? Schauen wir uns auf dem Dating-Markt einmal um, sehen wir den Wald vor lauter Dating-Platformen nicht mehr. Ich muss gestehen, dass ich seit „Studi-VZ“ nicht mehr in diesen Portalen unterwegs bin und daher echt kein Dating-Portal-Checker bin. Aber was sagt die Wissenschaft dazu? David Buss, ein langjähriger Beziehungsforscher hat eine wissenswerte Idee: Der „Mate Value“, also der „Partnerschafts-Wert“ besagt, welchen „Wert“ ein Partner auf dem „Dating-Markt“ besitzt. George Clooney wäre hier eine 10 und Angela Merkel eine 1. Halt mal, das kann man doch nicht pauschal sagen! Menschen einfach Noten zu verpassen und dann noch vor jungen Menschen. Ok, ich geh mal kurz raus, mich schämen! ………….. So, da bin ich wieder. Es tut mir leid, dass ich „Angie“ eine 1 von 10 auf der Dating-Skala gegeben habe, sie kann ja wohl sehr charmant und witzig sein und jeder legt natürlich seine eigenen Prioritäten bei der Partnersuche fest! Das hätten wir also geklärt…

Was beinhaltet denn mein Partnerschafts-Wert? David Buss hat unzählige Leute nach ihren Kriterien bei der Partnerwahl befragt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen. Wichtig sind demnach:

  1. Freundlichkeit
  2. Aussehen
  3. Verlässlichkeit
  4. Intelligenz
  5. Sinn für Humor
  6. Emotionale Stabilität
  7. Gesunde Erscheinung
  8. Umgang mit Mitmenschen & Tieren
  9. Größe
  10. Sozialer Status & Ressourcen

Du kannst ja mal deine Beziehungs-Geschichte anschauen und überlegen, worauf du Wert legst? Dem einen ist das Aussehen und die Größe wichtig, dem anderen der Humor und die Verlässlichkeit. Das heißt, wir können nicht pauschale „Partner-Werte“ auf der Attraktivitäts-Skala vergeben, jeder hat seine eigene Skala 😉

Was hilft uns dann der Partnerschafts-Wert? Mensch, du stellst aber gute Fragen 😉 Lass uns mal über die „Partnerschafts-Wert-Unterschiede“ sprechen. Wenn Angela Merkel und George Clooney sich „daten“ würden, wäre das schon echter Stoff für einen Hollywood-Blockbuster. Warum? Angie hat komplett andere Prioritäten als George. Aber was wäre, wenn sie jetzt bereits eine Familie gegründet hätten und sie ihre Beziehung retten wöllten. Dann könnten wir uns die Skala heraus kramen und Angy könnte George erklären, dass Intelligenz für sie wichtiger ist als sein Aussehen und dass der Humor vor einem „gekünstelten“ Lächeln kommt.

Jetzt hat aber Angela ihren Joachim gefunden und aus ihrer Sicht hat sich eine 7 mit einer 7 gefunden (auf der Skala von 1-10). Große Studien haben gezeigt, dass diese Übereinstimmung des Partner-Wertes zu harmonischen Langzeitbeziehungen führt. Was ist jetzt mit George Clooney und seiner Ehefrau Amal, einigen wir uns darauf, dass sie zwei 10er im Partnerschafts-Wert sind? Stellen wir uns vor, George verliert bei einem Golf-Unfall seine Zähne und wird schwer im Gesicht verletzt. Danach ist er entstellt und aus einer 10-10-Beziehung ist George durch sein entstelltes Gesicht auf eine 6 abgerutscht. Das führt zu einem Beziehungs-Ungleichgewicht und jetzt hängt bei George (6er) und Amal (10er) der Haussegen schief :/ Dieses Beispiel ist so wunderschön an den Haaren herbei gezogen, dass ich gar nicht aufhören kann 😉 Wie geht George damit um, dass er nicht mehr so attraktiv ist und er keine Kaffeekapseln mehr verkaufen kann? Seine Frau beteuert ihm ihre Treue, doch er spürt, dass sie sich für andere Männer zu interessieren scheint. Ein Beziehungs-Ungleichgewicht kann zu haarsträubenden Ausgleichsstrategien führen und dafür muss der arme George jetzt als Beispiel her halten. Sorry, George! Ok, George ist auf dem „Dating-Markt“ durch sein entstelltes Gesicht eine 6 geworden und seine attraktive Frau eine 10 geblieben. Nun könnte George versuchen, seine Frau auch in der Skala sinken zu lassen, vielleicht auf eine 8. Wie kann er das anstellen? Er könnte sämtliche Kontakte zu Männern versuchen zu kontrollieren und eindämmen, er könnte seine Frau Amal versuchen einzuschüchtern oder versuchen sie durch abwertende Sprüche klein zu machen. Es genügt ja schon, wenn sie sich auch wie eine 6 fühlt… Die fürchterlichste Partner-Zurückhalte-Taktik ist die Gewalt in der Partnerschaft, aber das wollen wir George und Amal heute nicht antun (siehe Beitrag zum Testosteron).

Bevor wir uns den hollywoodreifen Beziehungsdramen widmen müssen wir uns noch eine wichtige Sache anschauen: die Beziehungstypen. Wir haben ja schon im Beitrag über die Grundbedürfnisse gesehen, dass unsere Bindung genauso wichtig ist, wie das Essen und dass wir es warm haben. Gut, schauen wir uns die Beziehungstypen nochmal an:

Also, die Hälfte der Menschen ist sicher gebunden, dass sind schon mal good News! Eine sichere Bindung führt zu einem ruhigen und entspannten Beziehungsstil, oft sind sicher gebundene Menschen wie „Felsen in der Brandung“. Neurobiologisch gesprochen ist hier das Serotonin bestimmend für den Botenstoff-Cocktail. Aufregender wird es bei den ängstlichen Bindungstypen. Sie sind gut für Dramen und Eifersüchteleien zu haben, benötigen viel Rückversicherung in ihrer Beziehung und lassen sich schnell aus der Ruhe bringen. Hier scheint zu wenig Serotonin und zuviel vom „Red-Bull-Cortisol“ im Botenstoff-Cocktail zu sein. Die vermeidenden Beziehungstypen sind da auf den ersten Blick kühler und sachlicher. Sie ziehen sich schneller aus der Affäre, insbesondere wenn es mal hakt und die Beziehung nicht gut läuft, schalten sie auf Durchzug und sitzen gerne die Spannungen aus. Der ängstlich-vermeidende Bindungsstil ist eine Mischung aus den letzten beiden.

Jetzt wird`s heiß und ich lehne mich mal richtig aus dem Fenster. Sehen wir mal nach den Beziehungstypen und was für ein Pärchen sie ergeben könnten:

Achtung, Achtung: Bitte nicht wörtlich nehmen!!! Diese Übersicht ist nur eine Idee, welche Kombinationen zu welchem Paar-Ergebnis führen KÖNNEN! Es ist keine Prophezeiung und es wird sehr viele Ausnahmen geben. Ich zeige dir diesen Vergleich, damit du aus dir und deiner Beziehung schlau wirst und dass du in deiner Partnerwahl dein Herz mit einem klugen Verstand bereichern kannst 🙂

Wie kann ich denn meine Beziehung aufrecht erhalten? Es gibt zwei Phasen einer Beziehung. Die Sturm-und-Drang-Phase des „sich verliebens“, in der wir Flugzeuge im Bauch haben und an nichts anderes mehr denken können. Das ist eine dopaminerge Phase (siehe Beitrag zum Dopamin) und sie hält über einige Monate an. Das Dopamin sorgt gemeinsam mit dem Oxytocin für das positive Achterbahn-Gefühl in unserer Beziehung. Damit die Beziehung langfristig tragfähig wird, müssen wir den Übergang in die serotonerge Phase schaffen (siehe Beitrag zum Serotonin). Hier geht es um die Zuneigung und das Aufrechterhalten der „Liebe zueinander“. Diese Phase bringt mehr Ruhe mit sich, was wir auf keinen Fall mit Langeweile verwechseln dürfen 😉 Sind wir Sensation-Seeker, dann wird unsere Beziehung an diesem Punkt scheitern, schließlich sind wir ja keine alten Rentner. Aber an dem Punkt solltest du arbeiten, wenn du in einer Beziehung gemeinsam jung bleiben willst. Das Abenteuer wartet dann eben außerhalb und mit Kindern wird es abenteuerlich, dass lass dir gesagt sein 😉

Kommen wir jetzt zu den schrägen Beziehungen, die nicht so gut laufen. Was ist da los?? Oft ist die Einseitigkeit das Problem. Ein Partner möchte mehr als der andere, das kennst du bestimmt! Dann spielt natürlich die Bindung eine große Rolle. Sicher gebundene Menschen kommen mit vielem zurecht! Ängstliche Menschen neigen eher zu Streitereien und Vermeider gehen ihnen lieber aus dem Weg…

Nun gibt es ja noch die Art und Weise, wie wir in der Beziehung miteinander umgehen, ein gesunder und ein toxischer Umgang. Schaue dir hierzu meinen Beitrag zur dunklen Triade der Persönlichkeit an.

Wir können offen miteinander kommunizieren, bei Ungereimtheiten diese ehrlich miteinander besprechen, unserem Partner aktiv zuhören und seine Bedürfnisse herausfinden. Dieser Umgangs-Stil ist konstruktiv und zukunftsfähig.

Wenn wir jedoch Heimlichkeiten voreinander pflegen, unsere Absichten vor dem Partner verstecken und scheinheilig etwas vorgaukeln, geschieht dies häufig nicht aus einer bösen Absicht heraus, sondern aus Angst, der Partner könnte die eigenen Schwächen nicht gut finden. Wenn der Partner bewusst hinter das Licht geführt wird ist die Beziehung besonders toxisch, sie ist auf Sand gebaut und entweder zum Scheitern verurteilt oder zum ewigen Leiden einer oder beider Partner :/

Kommen wir nun zu den Free-Ridern, die unser Leben ganz schön in Wallungen bringen können. Damit wir dieses Verhalten einordnen können, erlaube mir eine kurze Schilderung der evolutionären Sicht der Dinge. Die Nachfahren der Evolution sind nicht die Könige der Schöpfung, sondern auch diejenigen, die anderen ein „Kuckucks-Ei“ ins Nest legen und sich damit weiter fortpflanzen konnten. Free-Rider treten als Beziehungs-Jongleure auf und sie richten viel Schaden an, in dem sie von einem Partner zum nächsten Springen und deren Vertrauen ausnutzen. In diesem Zusammenhang sind „Back-Up-Partner“ ein interessantes Phänomen. Manche Menschen neigen dazu, ihre Interessenten bei Laune zu halten, falls ihre aktuelle Beziehung zu Bruch gehen sollte. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn der Nacheifernde sich Hoffnungen macht und für den Back-Upper daraus ein Spiel wird…

Widmen wir noch ein paar Zeilen der Eifersucht, denn sie ist die gefährlichste unter den Emotionen. Evolutionär ist sie durch ihre „schützende“ Wirkung auf Partnerschaften erklärbar, sie ist jedoch verantwortlich für 50-70% der häuslichen Gewaltverbrechen. Die Eifersucht ist zerstörerisch, auch schon im Kleinen, denn sie nährt sich aus dem „Misstrauen„, das Beziehungen nicht gut tut. Wir dürfen Eifersucht in unseren Beziehungen nicht zulassen und wir müssen dringend an ihren Wurzeln arbeiten. Was brauche ich, um meinem Partner wieder vertrauen zu können? Was können wir in unserer Beziehung tun, um eine Vertrauens-Basis zu schaffen? Ist der Partner ein Fremdgänger, dann ist Tacheles angesagt.

Schauen wir uns zu guter letzt noch das Stalking an, das auch viel zu viele Menschen behelligt. Oft werden die Ex-Partner zu stalkern, da sie glauben, niemanden mehr zu finden, sodass sie an ihrer „alten Liebe“ hängen bleiben. Auch autistische Menschen können zu Stalkern werden, da ihnen das Einfühlungsvermögen in die Grenzen des Mitmenschen fehlen kann. Im Durchschnitt dauert eine Stalking-Phase etwa 10 Monate an und es beschäftigt alle Beteiligten inklusive der Polizei :/ Schauen wir mal, was uns die Wissenschaft an die Hand gibt.

Die wissenschaftlich geprüften Stalking-Abwehr-Mechanismen sind:

  1. Soziale Unterstützung: Suche dir Bodyguards und Begleiter und sende dem Stalker das Signal aus, dass du nicht alleine bist und dass es Zeugen gibt. Aktiviere dein soziales Netzwerk.
  2. Unterbreche JEDEN Kontakt zum Stalker: Auch wenn du nur jedes x-te Mal auf den Stalker reagierst, führt das zu einer Belohnung bei ihm. Auch negative Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit und besser als ignoriert zu werden. Der Stalker hat ja die Hoffnung, dich umzustimmen und für sich zu gewinnen. Wenn du dich vor ihm aufregst, kann er das schnell falsch interpretieren!
  3. Lerne Selbstverteidigungs-Techniken: Das unterstützt dein Selbstbewusstsein und ist für dein ganzes Leben hilfreich.
  4. Schreibe Tagebuch: Notiere jeden Kontakt, behalte Mails und Nachrichten als Beweise.
  5. Reduziere deine Aktivitäten auf Social Media: Zum Einen um weniger sichtbar zu sein und zum Anderen, um Klatsch und Tratsch über dich zu minimieren…
  6. Hole dir professionelle Hilfe und kontaktiere die Polizei: Gebe ihnen deine Beweise und zeige dem Stalker dass du es ernst meinst.
  7. Die Chancen stehen gut, die meisten Stalker ziehen irgendwann weiter!

Mein Fazit:

Lerne deinen Bindungs-Typ kennen und mache dir klar, welche Werte dir auf der Partnerschafts-Skala wichtig sind. Lass dir Zeit bei der Partnersuche und schaue nach jemandem, der dir gut tut und dich bereichert und nicht dauerhaft unter Stress setzt. Ehrlichkeit gewinnt den Dauerlauf und Lügen haben kurze Beine! Langfristige solide Beziehungen sind ein riesiges Glück für alle Beteiligten.

Siehe auch:
Bücher:
„Attached“ von Amir Levine

„Happiness Hypothesis“ von Jonathan Haidt

„When Men behave badly“ von David Buss

Podcasts:

Think & Grow Podcast mit Amir Levine zur Verbesserung von Beziehungen

Hubermann-Lab zum Thema Attachment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert